In der Festzeitschrift zum 900-jährigen Bestehen der Kerngemeinde steht zum Bau der Eisenbahnstrecke unter anderem Folgendes:
Als die Eisenbahn durch die Gemarkung Körle gebaut werden sollte, gab es neben den Widerständen der bedrohten Fuhrleute auf der Nürnberger Landstraße, der Fuldaschiffer zwischen Hersfeld und Kassel (insbesondere der Schiffer- und Flößerfamilien in Melsungen und Beiseförth) auch Widerspruch der Grundeigentümer; sie waren auf ihre Felder und Wiesen angewiesen und wehrten sich verständlicherweise gegen die Abgabe von Ländereien. Nach Regulierung der Vorarbeiten fand am 1.7.1845 der erste Spatenstich oberhalb Guxhagen bei Grebenau statt. Für die bei der Vermessung entstanden Flurschäden verlangte die Körler Gemeinde damals 15 Thaler; eine Forderung, die von der Eisenbahn als viel zu hoch bezeichnet wurde. Bei den Bauarbeiten verdingten sich auch Einwohner von Körle. In einem Bericht der Eisenbahnzeitung vom 10.05.1846 wurden die Arbeitsverhältnisse anschaulich geschildert. Danach war die Arbeitszeit von 6 bis 18 Uhr – auch sonntags (weil die Bahn in fünf Jahren fertig sein musste) (…) Alle Erdbewegungsarbeiten (außer beim Tunnelbau) wurden mit Schiebekarren ausgeführt. Die Fulda bekam bei Grebenau und bei Röhrenfurth auf ca. 500 Meter ein neues Flussbett.
Im Juli 1847 konnten die Körler dann die ersten Probefahrten beobachten – auf dem Teilstück zwischen Guxhagen und Melsungen.
Am 18.09.1848 begann der regelmäßige Zugverkehr zwischen Bebra und Guxhagen. Wegen der unvollendeten Fuldabrücke bei Guntershausen war zwischen Guxhagen und Kassel bis Ende 1849 eine Zubringerlinie auf der Straße eingerichtet.
Die Sicherung und das weitermelden der Züge erfolgte durch die Kette der Bahnwärter mittels Handsignalen. Dazu war es erforderlich, dass die Bahnwärterhäuser auf Sichtweite standen (…). Zwischen Guxhagen und Körle gab es 4 Bahnwärter. Sie übernahmen gleichzeitig die Sicherung der Bahnübergänge.
Zu- und aussteigen kann man erst seit dem 15. Juli 1892 in Körle,- also 44 Jahre später.
In 1892, also über 40 Jahre später, wurde der Körler Bahnhof als Haltestelle eingeweiht. Das kleine Bahnhofsgebäude bestand aus einem Stellwerk, dem Fahrkartenverkauf, Gepäckabfertigungsschalter und einem beheizbaren Warteraum. Zur Eröffnung der Bahnhaltestelle wurde von Lehrer Berge in der Schulchronik vermerkt:
„Eine große Menschenmenge hatte sich an dem kleinen, aber schön eingerichteten Bahnhof versammelt. Der Zug um 1 Uhr mittags wurde mit einem Hurrah! empfangen. Die obersten Mädchen überreichten je einen Blumenstrauß, eine Flasche Wein und eine schriftliche Begrüßung nebst Segenswunsch zur fernen Fahrt an den Maschinenführer und den Lokführer. Das übrige Zugpersonal bekam ein Fäßchen Bier. Als der Zug abgefahren war, hielt der Bürgermeister Zülch eine Ansprache, welche mit einem Hoch auf seine Majestät Kaiser Wilhelm II. endete; alle stimmten begeistert ein; dann sangen die Schulkinder „Heil Dir im Siegerkranz“. Ein fröhliches Treiben entwickelte sich nunmehr. Die Kinder sangen und spielten. Es wurden noch verschiedene Hochs angebracht. Man unterhielt sich, lachte und trank dazu. Auch die Schulkinder bekamen sämtlich Bier zu trinken. Die Bahnbeamten von Melsungen und Guxhagen waren in Gala erschienen. Bei Gastwirt Metz wurde die Feier fortgesetzt bis die letzten Züge zum Aufbruch mahnten. Der Gesangverein begleitete die Gäste mit einem Marsch zur Bahn“.
Für den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte liefen die Körler Einwohner vormals bis zu Fuß nach Kassel auf den Markt. Mit der Eröffnung des Bahnhofs erschlossen sich für die Dorfbewohner neue Verdienstmöglichkeiten in Kassel, z.B. bei Industriebetrieben wie Henschel, die übrigens auch die erste Dampflokomotive für die Friedrich-Wilhelm-Nordbahn in 1848 geliefert hatten. Bereits 50-60 Leute pendelten um 1900 mit dem Zug zu Betrieben außerhalb.
Die neue Eisenbahn eröffnete nicht nur Verdienstmöglichkeiten in den Kasseler Betrieben, sondern schuf auch Arbeitsplätze im Ort, wie für Bahnhofswart August Bettenhausen und Streckenwart Christian Weingarten.
