Archiv Körle

Unsere Heimat in der Vorzeit 

Der Ackerbau machte die Menschen sesshaft. Die Hauptsorge des Menschen war zu allen Zeiten die Nahrung. So erboutete in grauer Vorzeit der jagende und lauernde Nomade in den Wäldern und Auen das Wild, sammelte Weib und Kind das Wildgemüse. Als sich die Jagdgründe in der Steinzeit immer mehr lichteten hatte der Mensch vom Hunger dazu getrieben, den entscheidenden Schritt zur Beherrschung der Natur getan. Er hat gelernt, den Boden zu bebauen und sesshaft zu werden. Die Siedlung an einem festen Wohnplatz war nur dort möglich, wo ein fruchtbares Stück Land die Voraussetzung hierzu schuf. Aus dem Nomaden wurde ein Bauer. Aus wilder Wurzel schufen unsere Vorfahren mit ihren primitiven Handgeräten den segenbringenden Ackerboden. Mit der Züchtung und Vermehrung der ersten Wildgetreidearten, mit der Zähmung von Schwein, Ziege und Rind war der Mensch nicht mehr auf die Nahrung angewiesen, die er früher als Jäger sowie Sammler in den Wäldern erjagte und fand. So entstanden in der jüngeren Steinzeit und der darauffolgenden Bronzezeit auf dem steinlosen waldfeindlichen Lößboden im Siedlungsraum der Chatten um Gudensberg und Fritzlar, in den Talauen der Eder, Schwalm und Fulda die ersten Siedlungen, deren Bewohner als sesshafte Bauern, in den Schoß der Allmutter Erde das Saatkorn legten. Erst später, in der Eisenzeit von 750 bis 500 v. Chr., da der Mensch bereits die Zugkraft des gezähmten Haustieres für sich zu nutzen wusste, er den ersten primitiven Pflug, das Rad und damit den Wagen herzustellen verstand, siedelten sich auch bodenständige Bauern, nach schwerer Rodearbeit, in den Waldrandgebieten dieses ältesten Siedlungsraumes an. Somit können also die Ortschaften des fruchtbaren Lößgebietes und die Niederungen, den höher gelegenen gegenüber im Allgemeinen als die älteren bezeichnet werden. Auch das un- tere Fuldatal mit seinen beiderseitigen Höhenzügen gehört mit A den ersten Siedlungsräumen. Ausgrabungen auf dem Kesselberg, auf dem Schleifsteinskopf, die Funde bei der Freilegung der Hügelgräber beim Bau der Reichsautobahn im Quiller, die Schuhleistenkeile (Stein- beile) gefunden in der Körler Gemarkung auf dem Kehrenberg und dem Flurstück Truremann rechts der Albshäuser Straße, beweisen das Gesagte.  

Die chattische Zeit

Aus dem Stamm der Germanen sind verschiedene Völkerschaften hervorgegangen. Als eine solche Völkerschaft lernen wir auch die Chatten, die Vorfahren der Hessen, kennen. Sie waren es, welche nach der Verdrängung der Kelten die Landschaften an der Werra und Fulda, Eder und Lahn, in der Eisenzeit dauernd besiedelten. Tacitus ein römischer Geschichtsschreiber, schreibt in seinem Buche ,,Germania“ über die Chatten: Bei diesem Volke sind kräftiger die Gestalten, sehnig die Glieder, durchdringend der Blick und größer die geistige Regsamkeit. Für Germanen zeigen sie viel Umsicht und Geschick. Sie stellen Männer ihrer Wahl an die Spitze und gehorchen den Vorgesetzten. Das Glück halten sie für unbeständig und nur die eigene Tapferkeit für beständig.“ Aus der Geschichte wissen wir, daß die Chatten in einen Rachefeldzug des römischen Feldherrn Germanicus verwickelt waren. Chatten und Cherusker hatten im Jahre 9 n. Chr. das Heer des Legionenführers Varus im Teutoburger Wald vernichtend geschlagen. Deshalb führte Germanicus, römischer Feldherr, Sohn des Drusus, das römische Heer (14 bis 16 n. Chr.) in das Zentrum des Chattenstammes, vernichtete und verwüstete das Land und erstürmte den Hauptsitz Mattium. Ihre Wohnstätten bestanden ursprünglich in Einzelhöfen und Weihern. Im fruchtbaren Gelände und an wichtigen Verkehrspunkten mehrten sich allmählich die Wohnstätten, und so entstand so manches malerische Hessendorf. Dabei dürften die ersten Dörfer sicherlich von Familien und Sippenverbänden geschaffen worden sein. Wir stellen nun die Frage nach dem Alter unseres Heimatdorfes Körle. Wie neuere Forschungsergebnisse lehren, kann das ungefähre Alter der Ortschaften schon aus ihren Namen bestimmt werden. Abgesehen von der vorgeschichtlichen Besiedlung, handelt es sich bei dieser Untersuchung um zwei Hauptsiedlungsräume im alten Bauernland oberhalb des Zusammenflusses von Eder und Fulda. Nach Walter Krummel findet man folgende Orte im niederhessischen Raum bereits vor der Mitte des 9. Jahrhunderts belegt: Gensungen, Möllrich Melsungen, Morschen und Heinebach. Diese verteilen sich auf die Täler unserer Hauptflüsse Eder und Fulda. Ziehen wir zum Vergleich die von W. Arnold begründete, mit Hilfe der Ortsnamen arbeitende Methode siedlungsgeschichtlicher Untersuchung heran! Arnold unterscheidet drei Siedlungsperioden. Die erste reicht bis zum Ende der Völkerwanderung, das er mit der Konsolidierung des Frankenreiches zusammenfallen läßt – etwa 400 bis 500 n. Chr.; die zweite erstreckt sich bis ins 8. Jahrhundert; den dritten Siedlungsabschnitt läßt er etwa 1200 enden. Jeder Periode weist er besondere Formen der Ortsnamenbildung zu. Zur ersten rechnet er die einfachen, d. h. unzusammengesetzten, und die durch Verbindung mit heute nicht mehr gebräuchlichen Worten, wie -affa, -aha, -lar, -loh, -mar, -rich und -tar, gebildeten Namen. Arnold’s älteste Siedlungsschicht würde auch Körle entsprechen. Wenn aber zum Beispiel die Orte Harle, Rhünda, Körle, Brunslar, Lohre und Heßlar nicht so früh bezeugt werden, so liegt dies an der Ungunst der Überlieferung, die aber zum Beispiel für Körle (1074), Böddiger und HeBlar immerhin im 11. Jahrhundert bzw. an seiner Wende einsetzt. Wir werden also nicht fehlgehen in der Annahme, daß letztgenannte Orte und damit auch Körle, zu den ältesten Orten unseres Gebietes gehören. Eine wichtige Quelle für die Namensforschung ist auch die Germania, dieses bereits erwähnte Werk des Geschichtsschreibers Tacitus. 

In diesem berichtet er über den Rachefeldzug des Germanicus in das Land der Chatten und der Zerstörung ihres Hauptsitzes Mattium. Nach der großen Niederlage haben – nach Waltari Bergmann – wohl auch die Chatten die Randgebiete ihres alten Lebensraumes besiedelt (1. bis spätestens 5. Jahrhundert), auch in Richtung Heiligenberg und sehr wahrscheinlich von dort weiter nach Osten. Es sind dies auffällig viele Orte, deren Namen mit der germanischen Bachbezeichnung, aha“, verkürzt a oder e, oft auch umgewandelt zu au, enden: z. B. Grebenau, Büchenwerra, Besse, Metze usw. und nicht zuletzt Körle. Auch aufgrund dieser Annahme zählt der Ort Körle mit zu den ältesten Siedlungen im späteren Chattengau. So ist wohl anzunehmen, daß die Gründung unseres heimatlichen Fuldadorfes Körle (Chrulle 1074, Kurle 1172, Corie 1299, Kirle 1392, Cörla 1787, Koerle 1830), bereits 700 Jahre vor der ersten urkundlichen Benennung im Urkundenarchiv des Klosters Hasungen stattgefunden hat. Auch die ursprüngliche Dorfform des Ortes Körle, welche als ein Haufendorf anzusprechen war, laßt auf eine Altsiedellandschaft schließen. Somit lassen Ortsname und Dorfanlage an sich einwandfrei erkennen, daß Körle bereits zur ersten Siedlungsgründungswelle gehörte und bis etwa 400 n. Chr. gegründet worden ist. Der Beschauer, der am Quillerrand stehend, seine Blicke hinüber zum waldreichen Höhenzug der Söhre schweifen läßt, kann heute noch die ursprüngliche Ortslage der einstigen Dorfschaft Chrulle erkennen. Eingebettet zwischen den beiderseitigen Erhöhungen eines Seitentales, am Busch und am Stein genannt, dort, wo sich das enge Bachtal der Mülmisch weitet, lagen in der auslaufenden Wiesenau am rechten Fuldaufer die alten Gehöfte. Die Ortsteile – in der Ecke – am Bach- weg – der Kirchplatz und die Höfe zwischen dem Hilgenweg und der Nürnberger Straße sind der alte Dorfkern. Still und verträumt gelegen am Rande des Flußtales und am Sonnenhang, vor dem kalten Nord- und Nordostwind durch die Ausläufer der Söhre geschützt, ein- stens umgeben von einem Kranze mächtiger Eichen- und Buchenwälder, bot sich dieses schöne Fleckchen Erde den Urkörlern als Siedlungsraum an.

K. Suck  

Diese Urkunde wurde im Kloster Hasungen ausgestellt. Sie enthält die Erwähnung unserer Gemeinde.

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