Erste Erwähnung
Als der Körler Einwohner Meginfridus dem damaligen Stift und späteren Kloster Hasungen sein Ackerland als Schenkung überschrieb. fertigten die Mönche darüber eine Urkunde an. Wir wissen nicht, was jenen Meginfridus aus Chrulle, wie man damals unseren Heimatort nannte, bewegte, gerade den Hasunger Mönchen sein Land zu schenken. Das Stift Hasungen, in der Nähe von Wolfhagen gelegen, war zwar nicht unbedeutend, bekannter waren jedoch auch schon damals Fritzlar, Hersfeld und Fulda. Der Überlieferung nach hatten die Klöster Hersfeld und Fulda schon vor dem Jahr 1000 in Körle Besitzungen Die vorhandenen Aufzeichnungen sind jedoch auf ihre Echtheit nicht überprüfbar. So gilt als Ersterwähnung von Körle eine Urkunde, die in zwei Exemplaren im Hessischen Staatsarchiv zu Marburg vorliegt. Sie wurde nach älteren Vorlagen in den neunziger Jahren des 11. Jahrhunderts zusammengestellt. In dieser Schrift ist auch die Schenkung des Körler Bürgers Meginfridus vermerkt. Da das Stift Hasungen im Jahre 1074 in ein Kloster umgewandelt wurde, (Demandt S. 355) dürften auch die Schenkungen zumeist zu diesem Termin erfolgt sein. So laßt sich nach den bisherigen Forschungen das Jahr 1074 als das Ersterwähnungsjahr von Körle einwandfrei vertreten.
Kirche und Pfarrei
Wenn wir der von vielen Fachleuten vertretenen These folgen dürfen, gehört Körle zu den ältesten Siedlungen unseres Raumes. Vielleicht von Germanen aus dem Stamme der Chatten gegründet, wurde die Siedlung nach 500 mit dem ,,Chattengau“ Teil des Frankenreiches, erlebte die Christianisierung durch die angelsächsischen Mönche und erhielt zu einem uns unbekannten Zeitpunkt eine Pfarrei. Gewiß ist, daß das Kirchspiel schon vor dem Tod der Landgräfin Sophie (1275) bestanden hat. 1477 wird die Pfarrei St. Nikolai zu Körle in einer Urkunde des Klosters Karthause (Mittelhof/Gensungen) erwähnt. Nach einem Verzeichnis aus dem Jahre 1521 (Archidiakonatsregister) gab es auch zu dieser Zeit in Körle noch eine Pfarrei. Von der alten Körler Kirche ist der feste Wehrturm erhalten geblieben, dessen Schießscharten noch zu erkennen sind. Der Turm hatte früher auch Pechnasen. Turm und Wehrmauern sind um 1200 entstanden. Im Jahre 1526 schloß sich Hessen auf der Landessynode in Homberg der Lehre Luthers an. Bald danach verlor dann Körle seine eigene Pfarrei. Eine Urkunde aus dem Jahre 1569 und das Salbuch von 1575 berichten dann, daß der Pfarrer zu Wollrode wohnt. Seitdem gehört Körle zu diesem Kirchspiel. Der Wollröder Pfarrer mußte am Sonntag und auch am Mittwoch zu Fuß, zu Pferd oder auch auf dem Rücken eines Esels nach Körle kommen und hier predigen.
Das Gericht zu Körle
Körle war seit alter Zeit Gerichtsort. Der Historiker Kopp führt das spätere Rügegericht auf ein altes Centgericht zurück. Auch der Melsunger Heimatforscher Armbrust schreibt: Daß Körle mit seiner Umgebung am rechten Fuldaufer einen eigenen Gerichtsbezirk bildete, dafür finden sich folgende Beweise: Körle hatte noch 1299 einen eigenen Pfarrer und bildete ein Kirchspiel. Ein solches pflegte sich aber regelmäßig an die uralte Gerichtseinteilung anzuschließen. Als Melsungen zur Stadt erhoben wurde (um 1260), erweiterte man anscheinend den Melsunger Gerichtsbezirk. Man pflegte (nach Armbrust) bei der Gründung einer Stadt drei benachbarte Gerichtsbe- zirke zu vereinigen. So verlor Körle sein eigenes Gericht, behielt aber den Sitz als Rügegericht bei. Das wird mehrfach in Urkunden bezeugt, B. im Jahre 1470 und dann auch im Salbuch von 1575. Auch die Dör- Z. fer Albshausen, Lobenhausen, Empfershausen, Wollrode und Wagen- furth gehörten zum Körler Rügegericht. Zeitweilig gehörte auch das Gericht Breitenau mit Guxhagen, Ellenberg und Büchenwerra dazu; später auch Gebenau. Nach Waltari Bergmann war Körle damals neben Melsungen der wichtigste Ort im ganzen Amtsbezirk In den landgräflichen Ämtern gab es zu jener Zeit ungebotene Things (Gerichtstage) und gebotene Things. Zu den ungebotenen Things wurde nicht besonders eingeladen. Sie fanden in Körle immer auf Walpurgis (1. Mai) und Michaelis (1. Oktober) statt. Gebotene Things gab es nur bei besonderen Anlässen. Nach mündlichen Überlieferungen soll sich die Körler Gerichtsstätte „Am Stein“ befunden haben; etwa am oberen Ende der heutigen Dorfstraße gleichen Namens. Die Gerichtsstätte war von alters her ein großer Platz mit einem Steintisch unter einer Linde. Den Vorsitz beim Körler Rügegericht führten zumeist die Melsunger Beamten während die Schöffen aus Körle kamen. Da man im Amt Melsungen bei den Verhandlungen der ungebotenen Things kein Protokollbuch führte, sind uns nur wenige Falle überliefert. Aus dem Jahre 1520 wird von einem Körler Bauern berichtet, der sich sein gepfändetes Pferd eigenmächtig wiedergeholt hatte. Er mußte 20 Albus Strafe bezahlen. Oft entzogen sich die Angeklagten ihrer Strafe durch die Flucht, so zum Beispiel ein Melsunger, der 1602 beim Zechen über einen Körler Bauern herfiel und ihn, entleibte (tötete). Auch drei verdächtige Wagenfurther entzogen sich einer harten Bestrafung indem sie flohen. Ihnen wurde vorgeworfen, im Jahre 1564 am Quiller einen seltenen bunten Hirsch erlegt zu haben, den der Langraf und seine Förster lange verschont hatten. Das Geweih verkauften die Wagenfurther laut Anklage für zwei Spitzgroschen nach Guxhagen.
Herrschaft, Verwaltung und Dienste In der fränkischen Zeit war das Land Hessen in Gaue eingeteilt. In der karolingischen Reichsreform waren sie zu Grafschaften und zu Vogteien umgewandelt worden. In unserem Gebiet waren lange die Gudensberg/Maden vorherrschend. Im 13. Jahrhundert bildete sich allmählich die Langrafschaft Hessen Kassel Grafen von Am 11. Mai 1292 wurde Heinrich von Brabant in den Reichsfürstenstand erhoben – und damit Landgraf von Hessen. Dieser Fürstengeschlecht regierte von da an in Hessen/ Kassel bis 1866. Im 13. Jahrhundert war auch die Amterverfassung eingeführt worden. ein Amt ist ein Verwaltungsbezirk. Das Amt Melsungen entstand etwa um das Jahr 1300. Schon im Jahre 1445 ist von einer Zweiteilung des Amtes die Rede. Das Oberamt Melsungen umfaßte die Stadt sowie Obermelsungen, Adelshausen, Schwarzenberg. Kehrenbach, Kirchhof und nach 1530 auch Ostheim und Dagobertshausen. Körle bildete ein Unteramt, dass mit den Orten Albshausen, Empfershausen, Loben- hausen, Wagenfurth und Wollrode ein eigenes Rügegericht besaß und gleichzeitig Steuerumlegebezirk war. Nach 1526 (Reformation) kam der Klosterbezirk Breitenau (Guxhagen, Ellenberg, Büchenwerra) zum Körler Unteramt. Zum Amt Melsungen gehörten neben den genannten Orten auch noch folgende Adelsdörfer und Höfe: Rohrenfurth, Greben- au, Malsfeld und Fahre, auch Elfershausen mit dem Schlegelshof
Körle war wohl von Anfang an landgräflich. Allerdings hatten eine Reihe von Adelsfamilien und auch einige Klöster Lehensbesitz bzw. einige Grundstücke in Körle, aus denen sie ihren Nutzen zogen. Zum Beispiel die Ritter von Schwarzenberg, die im Jahre 1295 ihren Grundbesitz in Körle an den Landgrafen abtreten mußten. Landgraf Heinrich I hatte damals ihre Raubritterburg in Schwarzenberg zerstört. Aus den Jahren 1303 und 1312 ist uns bezeugt, daß die Ritter von Riedesel, in deren Besitz damals Röhrenfurth war, vom Landgrafen auch in Körle Steuereinkünfte erhielten. Viele Klöster, besonders Hersfeld, hatten zeitweise Einkünfte in Körle. Im Jahre 1457 gibt das Kloster Hersfeld seinen Besitz in Körle dem Ritter Kurt von Albshausen zu Lehen
Auch von Körler Adelsfamilien wird uns berichtet. Im Jahre 1322 führte der Landgraf einen Prozeß mit dem Kloster Eppenberg (Karthause). Ein Heinrich von Korle trat damals als Zeuge auf. In einer undadierten Urkunde, die etwa zwischen 1140 und 1170 angefertigt wurde, nennt der Landgraf von Thüringen seinen Ministerialen (hoher Beamter) Gerlachus de Kurle (Gerlach von Körle). Dieser Gerlach und seine Gemahlin Jutta hatten in Friteslar (Fritzlar) einen Altar zum Heiligen Kreuz gegründet. Aus dieser Zeit wird uns auch von einem Ludwig von Körle berichtet (Ludowicus de Curla). Dieser Ludwig war Scholasticus am Kollegiatstift St. Peter in Fritzlar. Unter einem Kollegiatstift Scholasticus hat ist man ein Aufseher Kollegium bzw. von Professor. In Geistlichen den Jahren Zu 1140 verstehen, bis der 1172 war Ludwig Canonicus, das heißt, er war Mitglied des Ordenskapitels oder Chorherr. Sein Name ist in den alten Urkunden sehr oft erwänit (1184, 1189, 1193, 1194, 1196, 1205).
Doch, wie schon erwähnt, war Körle wohl stets dem Landgrafen direkt unterstellt und nicht wie die Adelsdörfer einem Ritter oder wie die Die keit Klosterdörfer Körler durch den hatten einem Bau schon Abt der früh festen untertan. ihren Wehrkirche Freiheitswillen ausgedrückt. und ihre Die Wehrhaftig- Verwal- auch tung kunde wurden Unterthanen‘ des des von durften Dorfes Lesens den in nur lag Räten dieses in Schreibens des Amtes, angesessene Händen und berufen Landgrafen und des im notdürftigen werden. ernannt. Centgreben. guten Der Nach Rechnens Gerücht Die Centgrebe einer alten Centgreben stehende, erfahrene wurde Ur- von den Beamten vereidigt; er hatte eine verantwortungsvolle Stellung inne. Er war Mittler zwischen der Bevölkerung und den landgräf- lichen Beamten In (z. lung eine B. Körle der Boten-, Anforderung erinnert vielseitigen Hand- kam heute und Zu Abgaben noch den ein Spanndienste) sorgen umfangreichen. Bauernhof und die anheißen, an das Bewohner, landgräflichen Grebenamt immer Diensten wenn Der Als Centgrebe mußte er für die ordentliche Abwick- Betrieb, der jetzt vom Bauern Friedrich bewirtschaftet wird, heißt im Volksmund Grebenhof. Zwischen diesem Hof und der Kirche soll nach der mündlichen Überlieferung haben einmal die Centscheune gestanden in Über den die Berichten Abgaben über und das Dienste, Salbuch die die von 1575 Körler und Zu das wo das abgelieferte Getreide für den Landgrafen gelagerte. leisten hatten, wird Lager-, Stück- und Steuerbuch von 1776 näher berichtet.
Hufner und Kötner
Wie in den meisten Dörfern unserer Heimat lebten bis in die Neuzeit hinein die Menschen alle von der Landwirtschaft. Im Dorfe wohnten die Hufner und Kötner, auch Kötter genannt. Eine Hufe ist ursprüng- lich der Ackeranteil, der dem Familienoberhaupt in der germanischen Zeit innerhalb der Dorfgemarkung zugewiesen wurde. Im späteren Mittelalter versteht man darunter den Flächenanteil einer Bauernfa- milie an der Gemarkung der Gemeinde. Bei uns rechnet man für die Hufe etwa 30-32 Acker (Morgen). Ein Hufner ist also ein Einwohner, dessen Familie von dem Ertrag seiner Hufe leben kann. Der Kötner hat demgegenüber zwar ein Haus, besitzt aber kein Land oder nur so wenig, daß er nicht davon existieren kann. Er gehört A der Gruppe der ,ngeringen Leute“ wie man in Körle bis in die Jetztzeit Zu sagen pflegte. in einer Melsunger Musterungsliste aus dem Jahre 1456 sind 30 Kör- ler verzeichnet, darunter 11 Kötner. Aus dem Jahre 1575 wird uns aus dem Salbuch berichtet, alda sind 27 Huben, welche allergnädigstem Fürsten und Herren müssen dienen“. Damals standen in Körle 47 Wohnhäuser, so daß es demnach 20 Kötner im Dorf gab. Davon haben nur wenig ein Stück Rodeland, eine kleine Wiese oder aber einen Würzgarten: wihrtsgarten“, später auch Wirtzgarten geschrieben. Diese Gärten sind für die damalige Zeit eine Besonderheit, man findet sie nur bei wenigen Orten abgabepflichtig aufgeführt.
Die Einteilung der Körler Gemarkung in 27 abgabepflichtige Hufen hat sich über Jahrhunderte gehalten, auch 1776 heißt es: Deren Feldmark besteht in 27 allergnädigster Herrschaft dienstbaren Hufen“ Im 17. und 18. Jahrhundert hat sich die Gemeinde nur sehr langsam entwickeln können. Im Jahre 1575 standen in Körle schon 47 Wohnhäuser. Zweihundert Jahre später, im Jahre 1776 waren es neben dem Gemeindehirten- Haus und dem Schulhaus nur 57, Feuerstätten“. Es sind also in diesen 200 Jahren nur 10 Wohnhäuser im Dorf errichtet worden. Entsprechend entwickelte sich auch die Einwohnerzahl. Die genaue Zahl des Jahres 1575 wissen wir nicht, doch kann man im Durchschnitt für 47 Häuser je 6 Bewohner rechnen. Demnach betrug im Jahre 1575 die Zahl der Bewohner etwa 280. Nach 200 Jahren (1776) zählte man in Körle 305 Einwohner.
Der Dreißigjährige Krieg
Ursache des langsamen Wachstums ist sicherlich einmal die Tatsache, daß der Boden nur karge Erträge lieferte und trotz Rodungen eine Steigerung der Nahrungsmittelproduktion bei den damaligen Möglichkeiten des Ackerbaues nicht zu erzielen war. Auch rissen immer wie- der seuchenartigen Krankheiten, wie die Pest von 1597, große Lücken in die Bevölkerung. Besonders hemmend wirkten sich die Kriege auf die Entwicklung aus. Sie zehrten das Land aus, brachten Schrecken, Not und Elend und lähmten oft den Aufbauwillen der gequälten Menschen. Besonders verheerend wirkte sich in unserer Gegend der Dreißigjährige Krieg aus. Zu Beginn des Krieges hatte sich Hessen neutral verhalten. Landgraf Moritz der Gelehrte weilte um diese Zeit viel in Melsungen. Obwohl das Land tief verschuldet war, unterhielt es ein starkes Söldnerheer mit 20 000 Mann. Trotz seiner militärischen Stärke ließ der Landgraf im Jahre 1622 den protestantischen Heerführer Christian von Braun- schweig mit seinen Truppen durch Hessen ziehen und gab den Soldaten sogar Verpflegung. Damit hatte der Landgraf die Neutralität Hessens selbst verletzt, und unsere Gegend wurde in den Strudel des Krieges hineingerissen. Die ganze Situation war damals in Hessen besonders kompliziert, weil die beiden Vettern in Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt wegen eines Erbstreites verfeindet waren. Aus diesem Grunde hatten sich die Darmstädter, obwohl sie evangelisch waren, mit dem Kaiser verbündet. Der Kaiser entschied, wie nicht anders zu erwarten war, in dem Erbstreit zugunsten des Darmstädters. Kassel sollte damals an die Darmstädter 1,3 Millionen Gulden zahlen. So war die Landgrafschaft Hessen-Kassel im Jahre 1622 hoffnungslos verschuldet und hatte eindeutig Stellung gegen die Kaiserlichen d. h. gegen die Katholiken bezogen
Die Folge Oberbefehlshaber war, daß Graf im Tilly Jahre in 1623 Hessen kaiserliche einzogen. Truppen Tilly sich nahm unter in dem sein den pen Dörfern Hauptquartier durch des unser in Fuldatales Hersfeld Gebiet. ein. und 1625 Von seine kam nun an Söldner Wallenstein zogen mit quartierten ständig fremde Trupheer, danach wieder Tilly einem Söldner- 1627 dankte Moritz der Gelehrte ab und nahm Melsungen als Wohn- sitz. Die Einkünfte aus den Orten des Amtes Melsungen, also auch die Abgaben der Körler Einwohner, dienten ihm als Rente. Adolf, Wilhelm dem V, Hessens Schwedenkönig neuer Von Landgraf, den wechselvollen verbündete sich Kämpfen mit der Gustav folgenden Zeit wurde unsere Gegend besonders hart betroffen. Infolge der zentralen Lage zogen ständig Truppen durch oder nahmen ihr Winterquartier in den Dörfern. Die Söldner mußten verpflegt werden und was man ihnen nicht freiwillig gab, nahmen sie mit Gewalt. Hunger, Pest, Peinigungen schlimmster Art (Schwedentrunk) und dazu schwere Schulden bedrückten das Land. Oft lebten die Menschen auch in unserer Gegend wochenlang in den Waldern, um ihr Leben und das wenige an Besitz, das ihnen verblieben war, vor den plündernden Söldnern zu retten. Trotz der großen Not, die sie betroffen hatte, mußten die Bauern zeitweise noch Kriegsfuhren leisten und den landgräflichen Truppen Munition und Gerät zuführen. Bis in das Jahr 1647 hinein dauerten in Hessen die Kämpfe an. Am 29. März traf ein schwedischer Gesandter in Melsungen ein, der den langersehnten Frieden verkündete. Doch dauerte es noch lange, bis sich die Menschen von den seelischen Belastungen und dem wirtschaftlichen Niedergang erholen konnten. Hungersnot herrschte weiterhin, gefolgt von Seuchen. Auch wurde die Gegend immer noch durch umherirren- de Söldner verunsichert, die sich nicht mehr an Recht und Ordnung gewöhnen konnten. Über die uns bekannten Plünderungen und den wirtschaftlichen Niedergang in Körle wird näher in dem Artikel über das Mannschaftsregister von 1639 berichtet.
Der Siebenjährige Krieg
Der Siebenjährige Krieg, in dem sich der englisch-französische Kolonialgegensatz bis in unsere Heimat auswirkte, brachte den Dörfern im Fulda Tal wieder Not und Elend. Hessen-Cassel war mit Preußen und England verbündet. Der hessische Erbprinz Friedrich hatte eine englische Prinzessin zur Frau und so waren natürlich die Verbindungen nach England gut. Durch einen Vertrag kamen sogar viele hessische Bauernsöhne in englische Dienste und kämpften für England in Amerika. Die Gegner Preußens waren bekanntlich Osterreich und seine Verbündeten, darunter die Franzosen. So kam es, daß französische Truppen fast ständig Kampfgebiet war. Die Franzosen rückten 1757 in Nordhessen in unser Gebiet eindrangen und Hessen während des Krieges Hessen ein. Körle lag an der Durchzugsstraße der Franzosen, die von Kassel über Melsungen nach Homberg führte. Der Melsunger Heimatforscher Armbrust berichtet, daß vom Oktober 1757 bis Februar 1758 ständig Truppen über diese Heerstraße zogen. Oft nur kleine Rotten, die durch keine Autorität in Schranken gehalten werden konnten. Armbrust schreibt: Die Forderungen nach Pferdefutter überstiegen alles Dagewesene. Obendrein mußte die Stadt den benachbarten Dörfern mit Heu und Hafer aushelfen“. Später mußten die Bauern der Dörfer aus ihrer Ernte die Magazine in Melsungen und Kassel wieder auffüllen. Auf Seiten der Franzosen waren auch württembergische und nassauische Truppen, doch lesen wir in den oben erwähnten Schriften: , Leider hatten die deutschen Soldaten schon üble Gewohnheiten der Franzosen angenommen“. So hatte die Bevölkerung bei den ständigen Einquartierungen sehr unter der Last der Abgaben und ,,Geschenke“ zu leiden.
Das wechselnde Kriegsglück, das einmal mehr dem, Alten Fritz“ ein anderes Mal mehr der Maria Theresia geneigt schien, hielt die Truppen ständig in Bewegung. Einmal zogen die Franzosen mit ihren Alliierten durch das Dorf, dann wieder die Preußen mit ihren Verbündeten. Die letzten Kämpfe in unserer Gegend fanden im August 1762 statt. Die Franzosen hatten schon im Juli die Hohen vom Körler Berg bis zum Heiligenberg räumen müssen und hatten sich hinter den Melsunger Stadtmauern verschanzt. Britische Truppen unter Lord Granby zogen aus Richtung Elfershausen auf die Stadt zu. Am Kesselberg und am Steinwald oberhalb von Röhrenfurth nahmen die hessischen Truppen mit Haubitzen und Zwölfpfündern Stellung. Es kam auch zu einer gegenseitigen Beschießung mit Geschützfeuer. Wegen des nahen Friedensschlusses wurde zum Glück für die Stadt kein größeres Gefecht mehr ausgetragen. Über die letzten Tage des Krie- ges lesen wir wieder bei Armbrust: Die (britische) Legion bestand aus zusammengeworbenen und -gewürfelten Gesindel, das auch der beste Wille nicht in Zucht halten konnte“. Allein in Melsungen meldeten 94 Bürger Diebstähle an. „Das war der häßliche Schluß des Kriegsdramas“. In Körle erinnern an diese Zeit die ,,Franzosenküche“ in den ,,Längentannen“ (Gießenhohl?) und die ehemalige Schanze auf der Höhe des Körler Berges. Heute ist sie wieder eingeebnet, auf alten Karten (Murhard’sche Bibliothek) jedoch um 1900 noch eingezeichnet.
Postkutschen und Handelswagen
Die ,,Nürnberger Landstraße“ zeitweise auch ,,Poststraße“ genannt ist eine alte Handelsstraße. Früher einmal verlief sie über die Hohe vor dem ,,Buchholze“, überquerte die ,,Trockene Milmsche“ und zog dann wieder auf die Höhe in Richtung Albshausen. Durch die Verkoppelung ist die alte Straßenführung heute kaum noch zu erkennen. Die Gemarkungsbezeichnung „Alte Straße“ erinnert noch an den Verlauf der Höhenstraße.
„Hoch auf dem gelben Wagen“ in diesen Tagen wieder zum Schlager geworden, erinnert das Lied an die romantische Postkutschenzeit. Unter Landgraf Philipp, dem Großmütigen, nahm die Hessische Post ihren Rudolf = Anfang. die Post Als 1596 übertragen die Fürsten bekamen Zu Thurn und ein und Taxis durch Obergeneral- Kaiser Postmeister des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde, uns mußten dulden. die Auf der hessischen alten Poststraße, Landgrafen die auch durch die unseren Taxis’sche Ort Post führte, bei gab es schon vor 1600 eine Postverbindung Kassel – Regensburg, ebenso ab 1592 eine Verbindung Kassel Ansbach. 1705 hören wir von einem Nürnberger Postkurs. Die Route verlief von Kassel über Melsungen, Vacha, Meiningen, Coburg nach Nürnberg. Die Taxe betrug für die Strecke Kassel- Vacha für eine Person 2 Taler. Für einen Zentner Gepäck 1 Taler und für den Geldtransport von 100 Talern 4 Groschen. Diese Post fuhr einmal wöchentlich bis Amsterdam. Abfahrt in Nürnberg am Mittwoch um 8 Uhr. Am Sonntag um 8 Uhr hielt die Postkutsche in Melsungen und war um 12 Uhr in Kassel. Am folgenden Sonnabend um 18 Uhr erreichte der Reisende dann Amsterdam. Streng wurden die Postillione ausgewählt. Wer heimlich trank, an Wirtschaften – ohne besondere Not – anhielt, heimlich Personen oder Gepäck beförderte, sühnte dies mit 1-2 Talern, im Wiederholungsfalle wurde er weggejagt. Ins Zuchthaus kamen die ,,Schwager“ wenn sie aus Trunkenheit oder Bosheit einen Postwagen oder ein Extrapostfuhrwerk umwarfen. Wenn von den reitenden oder fahren- den Beamten die vorgeschriebene Zeit nicht eingehalten wurde, ko- stete das ebenfalls Strafe. Ertonte das Posthorn, mußten die Bauern- wagen anhalten und die Post vorbeilassen. Ab 1836 verkehrten täglich zwischen Kassel und Fulda 9sitzige Schnellpostkutschen; die Vierspänner schafften im Durchschnitt 8 km in der Stunde. Körle selbst hatte keinen allzugroßen Nutzen von der Poststraße. Die durchfahrenden Wagen brachten höchstens ein wenig Abwechslung in den Tageslauf. Die Gastwirte jedenfalls, so lesen wir 1776, verdienten mit, Herbergieren“ sehr wenig. Neben der Post nahmen auch die Lastwagen der Handler ihren Weg über die Straße. Der Körler Berg war den oft schwerbeladenen Fahr- zeugen ein Hindernis, und mancher Körler Bauer konnte sich durch einen Vorspann eine Kleinigkeit verdienen. Für schwere Lasten waren die damaligen Straßen ganz und gar nicht geeignet. Man gab, wenn möglich, der Wasserstraße den Vorzug.